Die Bad Bramstedter Züge stehen derzeit still. Doch ein neues Konzept soll sie wieder zum Laufen bringen.
Das Bild ist symptomatisch: Zwei Autos stehen vor dem Schuppen der Bad Bramstedter Moorbahn. Niemand ist zu sehen. Nix los im Moor, nix los mit der Moorbahn? Früher war hier zumindest am Wochenende viel Betrieb. Mitglieder des „Fördervereins Deutsche Feldbahn“ hielten die schöne Anlage am Laufen. Zahlreiche Besucher hatten sich an ihr erfreut. Doch der Verein siecht dahin.

Mit einer Mischung aus Fauchen und Spotzen jagt ein alter Geländewagen der Marke Bombardier in Wahnsinnstempo die Gleise entlang Richtung Schuppen. Andreas Knopf ist pünktlich. Der Zwei-Meter-Mann schält sich aus dem olivgrünen Auto, das die brutale Hoppelei über die Bahnschwellen wie ein Wunder überstanden hat. Knopf (50) ist der Chef des Vereins. Ihm gehört die Moorbahn, er hat sie 1998 für eine Mark der „Rheuma-Klinik“ (heute Klinikum Bad Bramstedt) abgekauft. Das Land blieb allerdings im Eigentum der Klinik. „Machen Sie mit der Bahn, was Sie wollen, aber lassen Sie uns in Ruhe“ – das sei die Kernaussage des damaligen Klinikchefs gewesen, erinnert sich Knopf. Und eine Bedingung hatte er gestellt, die Knopf jetzt Kopfschmerzen bereitet: Er muss sicherstellen, dass mit seiner Bahn jederzeit Moor zur Aufbereitungsanlage gebracht werden kann. Das ist zwar nicht akut, die Klinik holt derzeit ihr Material für Heilzwecke aus dem Grotmoor bei Kaltenkirchen. Doch sollte diese Bezugsquelle versiegen, müsste Knopf mit seiner Bahn einspringen, um Moor aus den klinikeigenen Poldern herbeizuschaffen.

„Wir wissen nicht,

wie es weitergeht“

Das ist fast unmöglich. Der Bahnbetrieb ruht nämlich. Beim Verein ist binnen kurzer Zeit fünfmal eingebrochen worden. Wichtige Ausrüstungsgegenstände wurden gestohlen. „Wir wissen nicht, ob es weiter geht und wie.“ Eigentlich ist Andreas Knopf kein Pessimist, aber momentan ist er etwas „down“. Hinzu kommt, dass nur noch fünf Mann in seinem Verein aktiv sind. „Zu wenig für eine Anlage dieser Größe“, moniert der Hüne.

Die Bahn wieder zum Laufen zu bringen, ist aus zwei Gründen eine harte Nuss für die Männer: Bis zum nächsten Moorpolder ist es nicht nur ein paar hundert Meter weit. Viel schlimmer: Seit Jahren ist die Bahn da nicht mehr gefahren. Die Gleise sind von Gebüsch überwuchert. Die Schwellen sind vergammelt, viele Meter Schienen müssten neu verlegt werden. Das mit ein paar Aktiven zu schaffen, ist eine Riesenaufgabe. Wie lange wird die kleine Truppe dafür brauchen? Knopf: „Jede Spekulation wäre ’ne Lüge.“ Er weiß es nicht.

Sein Ziel sei, „überhaupt wieder zu fahren“. Irgendwann auch wieder fürs Publikum. Doch die fehlenden Teile zu beschaffen sei extrem schwer. Die könne man nicht einfach kaufen. Als die LN dort waren, hat Knopf mit seinen Freunden Ronald Hahn (43) und Christian Stockmar (30) die Schienenstränge freigelegt. Eine harte Arbeit. Noch hundert Meter müssen sie schaffen. Am Ende der alten Trasse stehen ein paar überwucherte Loren wie abholbereit. Mit ein paar tausend Euro und einigen Helfern wäre schon eine Menge zu bewegen, sagt Knopf. Da dies aber Knochenarbeit ist, sei die Hilfsbereitschaft nicht ausgeprägt. Und von der Klinik bekomme er keinen Zuschuss. „Die haben uns gesagt: ,Macht, was Ihr wollt, es darf uns nur nichts kosten’“, sagt er. Und auch von der Stadt Bad Bramstedt und der Aktivregion gebe es keinen Cent. „Aber werben tun sie alle mit der Moorbahn“, ärgert sich Ronald Hahn.

Inzwischen hat sich Knopf ein neues Konzept überlegt, mit dem er die Zukunft des Vereins, der Bahn, aber auch des Moores sichern will. „Es heißt TALI und ist die Abkürzung für Technik, Arbeit, Landschaft, Industriekultur.“ Er will mit Umweltverbänden zusammenarbeiten, Renaturierungsmaßnahmen und Moorpflege betreiben, damit das Moor nicht zuwächst. „Außerdem wollen wir die alte Technik erhalten, die Handarbeit fördern. Hier soll man zugucken oder mit anpacken können.“ Knopf: „Wir haben den Antrag gestellt, das Moor komplett zu übernehmen.“ Er will die 9,6 Hektar bewirtschaften, „mit dem Zweck, das Moor zu erhalten. Was nützt die Kurbahn, wenn das Moor nicht mehr da ist, weil es zuwächst?“ fragt er. „Eigentlich“, meint er, „müsste die Klinik es ja freihalten. Es verlandet immer mehr.“ Um es zu erhalten, „braucht der Verein einen Pachtvertrag, um an Fördergeld zu kommen, ohne geht es nicht.“

Im September hat er einen Termin mit Klinik-Chef Jens Ritter und Bürgermeister Hans-Jürgen Kütbach. Dann soll geklärt werden, wie es weitergeht. Kütbach signalisiert Sympathie für Knopfs Idee: „Je langfristiger und eigentumsgleicher die Rechte des Vereins sind, umso mehr investiert Herr Knopf in die Anlage.“ Ob das Klinikum die Zügel beim Moor aus der Hand gibt, wisse er nicht. Eine Co-Finanzierung mit Beteiligung der Stadt sei jedoch nicht möglich, dazu sei Bad Bramstedt zu klamm, sagte er den LN.


Von Christian Spreer
 

Quelle im Internet: http://www.ln-online.de/nachrichten/3522419
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